Aktionäre der insolventen Wirecard AG haben keine Schadenersatzansprüche gegen die Finanzaufsicht BaFin. Das hat das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 06.02.2023 entschieden (Az.: 1 U 173/22) und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Frankfurt bestätigt, das die Schadenersatzklage eines geschädigten Wirecard-Aktionärs gegen die BaFin abgewiesen hatte.
Der Wirecard-Skandal nahm im Sommer 2020 Fahrt auf, als bekannt wurde, dass 1,9 Milliarden Euro wahrscheinlich nur als Luftbuchung in den Bilanzen des ehemaligen Dax-Konzerns aufgetaucht sind. Die Aktie befand sich daraufhin im freien Fall, Wirecard meldete Insolvenz an und die Aktionäre haben durch die Kursverluste viel Geld verloren.
Natürlich stellt sich die Frage, wie es zu dem Finanzskandal kommen konnte und wer neben den mutmaßlichen Drahtziehern die Verantwortung dafür trägt und in Haftung genommen werden kann. Auch die BaFin geriet zunehmend in die Kritik. Der Finanzaufsicht wurde vorgeworfen, dass sie ihre Aufsichtspflicht nicht erfüllt habe. Das sah auch der Kläger in dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt so. Er warf der BaFin Aufsichts- und Informationsversäumnisse sowie Amtsmissbrauch vor und klagte auf Schadenersatz.
Die Klage hatte auch in zweiter Instanz keinen Erfolg. Wie das OLG Frankfurt deutlich machte, habe die BaFin nicht gegen ihre Kontrollpflichten verstoßen. Die Prüfung sei der damaligen Rechtslage entsprechend in zwei Stufen, zunächst durch eine private Prüfstelle und dann durch die BaFin, erfolgt. Die BaFin habe dann im Februar 2019 eine Sonderprüfung veranlasst. Der Kläger habe keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme geliefert, dass die BaFin schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Sonderprüfung hätte in Auftrag geben müssen.
Es liege auch keine Amtspflichtverletzung vor, denn die Bilanzprüfung durch die BaFin erfolge allein im öffentlichen Interesse. Der einzelne Anleger werde grundsätzlich nicht durch die aufsichtsrechtliche Tätigkeit der BaFin geschützt, so das OLG weiter. Außerdem sei es nicht sittenwidrig, wenn einzelne Mitarbeiter der Finanzaufsicht Wirecard-Aktien besessen haben sollten, so dass auch keine Schadenersatzansprüche wegen Amtsmissbrauchs bestehen, führte das OLG Frankfurt weiter aus.
Auch wenn die Entscheidung des OLG Frankfurt noch nicht rechtskräftig ist, dürfte die BaFin für Schadenersatzansprüche der Wirecard-Aktionäre der falsche Adressat sein. „Das bedeutet jedoch nicht, dass die Anleger mit leeren Händen dastehen. Sie haben die weitaus erfolgversprechendere Möglichkeit, Schadenersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfer geltend zu machen, die der Wirecard AG über Jahre ihr Testat erteilt haben, obwohl die Bilanzen offenbar frisiert waren“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel.
Anleger können ihre Ansprüche in einer Einzelklage geltend machen oder sich einem Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) anschließen. Der Vorteil des Musterverfahrens ist, dass die Verjährung der Schadenersatzansprüche dadurch gehemmt wird und kein Prozesskostenrisiko besteht. Die Entscheidung des Gerichts ist zunächst nur für den Musterkläger bindend, kann anschließend aber auf Kläger, die sich dem Musterverfahren angeschlossen haben, übertragen werden. Die Anmeldung zum Musterverfahren ist noch möglich, muss aber von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden.
Rechtsanwalt Dr. Gasser bietet Anlegern und Aktionären der Wirecard AG gerne eine kostenlose Ersteinschätzung zu ihren Möglichkeiten an und übernimmt auf Wunsch auch die Anmeldung zum Musterverfahren.
Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/